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VIA CRUCIS

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Friederike
von Eckardstein

Pfarrerin und Malerin

 

Musik- und Andachtsbilder
zu Franz Liszt, Via Crucis.

Die 14 Stationen des Kreuzweges. 1878

Via Crucis - Die 4 Stationen des Kreuzweges

Einführung und Dank                                
Introitus Station:  1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11   12   13   14    Predigt

 

Liebe Gemeinde,

O Kreuz, du unsere Hoffnung        ....           Heil dir, Kreuz

1.
Mit diesen Worten beginnt und endet der Via Crucis von Franz Liszt: "O Kreuz, ... Heil dir, Kreuz"
Unfassbar. Unbegreiflich. Wie kann das Kreuz als Symbol für Leid und Tod so begrüßt werden?
Und so kann ich als Malerin des Via Crucis nicht einfach auf die Kreuzweg-Bilder zu sprechen kommen, ohne auf das abgrundtiefe Leid durch die Germanwings Katastrophe vor 4 Tagen am Dienstag (24.03.2015) mit 150 toten Menschen zu schauen. Bei den Toten sind 16 SchülerInnen und ihre zwei Lehrerinnen aus unserer Nachbarstadt Haltern am See. Nur 8 km Luftlinie liegt zwischen ihnen und uns in Dülmen. Wie nah ist dieses Kreuz geworden uns Menschen der Nachbarstadt von Haltern am See, wohin es viele freundschaftliche und verwandtschaftliche Bezüge zu den betroffenen Familien der Opfer gibt. Und da singen wir "Heil dir, Kreuz!"

Ich höre die 14-jährige Laura aus Haltern-Lippramsdorf, die zwei enge Freundinnen verloren hat. Sie fragt verzweifelt ihre Mutter, "Mama, wo ist Gott gewesen?"
Wie viele von uns stellen sich diese Frage – angesichts dieser Katastrophe und angesichts eigener Leiderfahrungen.

Die Frage nach Gott mitten im Gefühl der Gott-Verlassenheit drückt zugleich, ohne dass es uns bewusst ist, die Sehnsucht nach Gott aus. Es ist die Sehnsucht danach,

  • dass da eine göttliche Liebesmacht ist, die einfach das Unglück wegwischen könnte,
  • dass da ein tieferer Sinn im so Sinnlosen aufleuchten würde,
  • dass da eine Kraft wäre, die den Schmerz aushalten ließe,
  • oder dass einfach der Kontakt zu den Verstorbenen nicht abrisse.

Diese Sehnsucht nach Gott versucht der Via Crucis mit seinen 14 Kreuzweg-Stationen zu stillen. Er will sie stillen mit seiner Botschaft: "O Kreuz, du unsere Hoffnung". Es ist unsere Hoffnung, dass mitten im Sterben und im Tod die Liebe Gottes uns umpfängt:

  • Es ist die Liebe, die ihm selbst als Jesus, als Sohn Gottes, als dieser wahrhaftige Mensch die unvorstellbaren Qualen des Kreuzweges und des Kreuztodes durchstehen hat lassen.
  • Es ist die Liebe, die aufstrahlt schon bei der Grablegung und dann mit Ostern, mit der  Auferstehung.
  • Es ist die Liebe, die strahlt und überlebt.

Das ist die Antwort auf unsere Sehnsucht nach Gott mitten im Verlorensein:
die unbegrenzte und unzerstörbare Liebe Gottes für einen jeden von uns.

2.
Als ich den Via Crucis parallel zum Hören dieser Musik malte und zeichnete, war das für mich wichtig: die Hoffnung und die Liebe, mit der Menschen Leid durchleben können, malerisch durchschimmern zu lassen. Das ist das vieltönige Gelb, das den gesamten Via Crucis durchzieht und das so ungewöhnlich wirkt in einer Kreuzweg-Darstellung.

Wie Gottes Liebe unbegrenzt ist und immer neu in Beziehung zu uns tritt, so werden Sie, liebe Gemeinde, die Farben und Formen in den Kreuzweg-Bildern nicht durch Rahmungen begrenzt sehen. Die farbliche und zeichnerische Gestaltung ist bewusst offen gehalten, damit Sie als Betrachter Ihre eigenen Lebenserfahrungen hinein interpretieren können. Jedes dieser Kreuzweg-Bilder dient wie die Musik von Franz Liszt zur Andacht – als Andacht über die Passion Jesu, - als Andacht über eigene Erfahrungen.

Lassen Sie uns die 4. Kreuzweg-Station anschauen, "Jesus begegnet seiner Mutter": nachdem Jesus das erste Mal gefallen ist, trifft er auf seine Mutter. Wie weit und fast zärtlich klingt die Musik! Diese Innigkeit habe ich versucht aufzunehmen mit dem zarten Gelb und der zeichnerischen Hinwendung vom Sohn (rechts) zur Mutter (links im Türrahmen). Oberhalb der beiden sehen Sie in Braun gehaltene Ton-Klänge/Schritte, die sich nach ihrer diagonalen Anordnung dann waagerecht sanft fortsetzen als Ton-Klänge/Schritte in Gelb - aus dem Bild rechts heraus. Wir kennen das: mitten im Leid kann uns die Erinnerung an liebevolle Begegnungen helfen weiterzuleben – aus dem Leid heraus. Die Erinnerung an Liebe gibt Kraft dür die Zukunft.

Aber wenn Sie die 6. Station "Dornenkrone", bzw. "O Haupt voll Blut und Wunden" anschauen, da finden Sie nun doch oben im Bild eine geöffnete halbrunde Raumbegrenzung. Wie schmerzvoll ist es, um den Kopf die Stacheln eindringen zu fühlen. Der Schmerz verengt. Wir kennen das selbst, wenn wir von Menschen bösartig verletzt werden: Verkrümmung, Rückzug. Auch daraus kann ein wohlwollender Blick eines anderen Menschen helfen.

Ganz menschlich wird da der Kreuzweg Jesu – es ist nicht mehr nur fremdes Leid, auf das wir schauen. Im Mitfühlen wird es eigenes Erleben. Und damit wird auch erlebt, wie sich Sehnsucht nach Gottes Liebe erfüllen kann. Und zwar mitten im Sterben.

Schauen Sie zum Schluss auf die ganz abstrakt gemalte Station 12, "Jesus stirbt am Kreuz": es ist so entsetzlich, dass Worte fehlen und darum ist auch nur wenig Farbe da und keine Zeichnung – viel Leere. Und doch mitten im Verlorensein sind da Spuren – Farbspuren:

a) da ist das Rot als Querbalken im Kreuz. Es kann wirken wie Jesu Aufschrei:

"mein Gott, mein Gott, hast du mich verlassen?"

Dieser Aufschrei ist die sichtbare Spur, die Jesus uns hinterlässt. Seine Frage nach Gott zeigt auch seine und damit unsere Sehnsucht nach Gottes Liebe.

b) Und dann in der farblosen Leere, da hören wir es: Jesu Ergebung in sein Schicksal, weil Gott antwortet und seine Liebe ihn spüren lässt. Und Jesus ruft:

"in deine Hände befehl ich meinen Geist"

Und dann:

"es ist vollbracht!"

Und wir Menschen antworten in der letzten Kreuzwegstation (14. Station) bei der Grablegung:

"Heil dir, Kreuz!"

Und das Gelb des göttlichen, feierlichen Es-Dur-Klanges der Liebe erhebt sich und beginnt den Via Crucis zu durchstrahlen. Unsre Sehnsucht nach Gottes Liebe soll gestillt werden.

Amen

Via-Crucis-Predigt gehalten am 28.03.2015
ev. Gemeinde Dülmen, Christuskirche

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